Donnerstag, 25. Juli 2019

Mit Cannabis gegen Parkinson?


Seit einigen Jahren wird Cannabis in bestimmten Formen legal für medizinische Zwecke eingesetzt. Wie gut die Mittel in verschiedenen Anwendungsgebieten wirken, ist aber fraglich. Ein Leser wollte wissen, wie es um die Wirksamkeit von Cannabis bei der Parkinson-Erkrankung steht.

Kaum Studien vorhanden

Mit der Literaturrecherche waren wir bei dieser Frage ziemlich schnell fertig. Der Nutzen von Cannabis bei Parkinson ist nur in zwei Studien [1,2] untersucht worden, die zumindest einige Qualitätsstandards einhalten. Dazu gehört etwa der Vergleich mit einem Scheinpräparat sowie die zufällige Zuteilung der Teilnehmenden auf Vergleichsgruppen.
Ob die Studien tatsächlich aussagekräftig sind, lässt sich leider nicht beantworten: Denn in den Veröffentlichungen fehlen Details, die für unsere Bewertung wesentlich sind.

Zu wenige Testpersonen

Abgesehen von den fehlenden Angaben gibt es weitere grundsätzliche Probleme: So waren an den Studien insgesamt nur 40 Testpersonen beteiligt. Das sind viel zu wenige, um sichere Aussagen treffen zu können.
Hinzu kommt: Die beiden Studien untersuchten Parkinson-Patientinnen und Patienten in verschiedenen Krankheitsstadien, testeten stark unterschiedliche Cannabis-Zubereitungen und deren Wirkung auf diverse Beschwerden wie verschiedene Arten von Bewegungsstörungen. Das schränkt die Vergleichbarkeit der Studien deutlich ein.

Wirksam? Wissen wir nicht.

Allerdings fielen die Ergebnisse ohnehin nicht so aus, wie es sich Cannabis-Befürworterinnen und -Befürworter vielleicht erhofft hätten: Eine der Studien [1] fand keinen Wirksamkeits-Unterschied zwischen Cannabis und einem Scheinmedikament, wenn es um „Dyskinesien“ ging – also jene unwillkürlichen Bewegungen, die viele Menschen mit Parkinson im fortgeschrittenen Stadium beeinträchtigen.
Auch in der anderen Studie [2] konnte Cannabis verschiedene Parkinson-typische Bewegungsstörungen, etwa beim Gehen oder Aufstehen, nicht besser lindern als das Placebomittel.
Allerdings deutete sich laut Studienteam ein kleiner Nutzen von Cannabis in Sachen Lebensqualität an. Es ist aber relativ unsicher, ob dieser Effekt wirklich existiert, und es ist unklar, ob Patientinnen und Patienten die Verbesserung tatsächlich als solche wahrnehmen würden.
Ob Cannabis bei Parkinson von Nutzen ist, ist also bisher ungeklärt.

Unklare Verträglichkeit

Wie sieht es mit möglichen Nebenwirkungen aus? Wie gut Menschen mit Parkinson Cannabis vertragen, lässt sich aufgrund der geringen Teilnehmerzahlen nicht sicher sagen. In den beiden Studien sind nach Angaben der Autorenteams keine schwerwiegenden Nebenwirkungen aufgefallen. Allerdings wird das nicht weiter ausgeführt. In Sachen unerwünschte Wirkungen brauchen wir also mehr und bessere Forschung.
Eine der Studien [1] macht etwas genauere Angaben zu unerwünschten Wirkungen. Dabei fällt auf, dass psychische Nebenwirkungen wie Schläfrigkeit oder Konzentrationsstörungen mit Cannabis häufiger auftraten als mit dem Scheinmedikament.

Wenn Dopamin fehlt

Bei der Parkinson-Krankheit gehen im Gehirn Nervenzellen zugrunde, die den Botenstoff Dopamin produzieren. Dopamin ist entscheidend für die Steuerung von Bewegungen. Deswegen sind verschiedene Bewegungsstörungen ein typisches Symptom von Parkinson.
Die Folge davon: Bewegungen wie das Gehen verlangsamen sich, die Muskulatur ist angespannt, und es tritt das typische Zittern auf, meistens an den Händen [3]. Diese Beschwerden haben der Erkrankung Parkinson auch den volkstümlichen Namen „Zitterlähmung“ eingebracht.
Parkinson wird hauptsächlich mit Medikamenten behandelt, die Dopamin ersetzen oder dessen Wirkung verstärken. Mit fortschreitender Erkrankung kommt es aber zum Beispiel oft vor, dass die Medikamente nicht mehr so gleichmäßig wirken

Cannabis als Medizin

In Österreich und Deutschland sind Arzneimittel aus Cannabis, seinen Bestandteilen (Cannabinoiden) oder mit chemisch verwandten Substanzen zugelassen. Dazu zählt ein Mittel aus zwei verschiedenen Cannabis-Extrakten, das für die Behandlung von krampfartigen Symptomen bei Personen mit Multipler Sklerose verwendet werden kann.
Ein Arzneimittel mit dem künstlich hergestellten Cannabinoid Nabilon wird zur Behandlung von Übelkeit und Erbrechen bei Krebspatientinnen und -patienten eingesetzt, wenn andere Medikamente nicht ausreichend helfen.
Apotheken bereiten auf ärztliche Verordnung bei bestimmten Erkrankungen individuelle Arzneimittel aus THC (Tetrahydrocannabinol) zu, das ist eine Reinsubstanz von Cannabis [5,6]. In Deutschland können Ärztinnen und Ärzte außerdem bestimmte medizinische Sorten von Cannabis-Blüten verschreiben [6].

Quelle: https://www.medizin-transparent.at/parkinson-cannabis

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