Mittwoch, 11. September 2019

Die Pflanze der vielen Möglichkeiten

 

Seit vier Jahren baut der Purker Landwirt Franz Rottenkolber Nutzhanf an. Daraus entstehen Öl, Nüsse, Nudeln, Käse, Mehl, Seife und sogar Schokolade. Nach und nach entwickelt er dabei ein Netzwerk für Produktion und Vertrieb

Als sich die Milcherzeugung wegen des schlechten Preises vor sieben Jahren partout nicht mehr lohnte, hat Franz Rottenkolber aus Purk die Kühe weggegeben und sich auf andere landwirtschaftliche Produkte verlegt. Auf ganz andere. Er baut seit vier Jahren Hanf an, als einziger Landwirt in den Landkreisen Fürstenfeldbruck, Dachau und Landsberg am Lech. Seither ist er auch damit beschäftigt, sich ein Netzwerk aufzubauen von Leuten, die aus dem Hanf die unterschiedlichsten Produkte machen und diese auch wieder verkaufen. Denn die Hanfpflanze kann man sehr vielfältig nutzen.

Über tausende Jahre war sie ein extrem wichtiger Rohstoff, etwa in der Papierherstellung, in der Ausrüstung von Segelschiffen und für Textilien. Dann ging die Segelschifffahrt stark zurück, die Baumwolle kam auf, und Papier wird nun überwiegend aus Holz hergestellt. Im 20. Jahrhundert wurde Cannabis wegen der berauschenden Wirkung des Tetrahydrocannabiol, kurz THC, in vielen Ländern illegal, und auch der Anbau von Nutzhanf ohne Rauschwirkung war in Deutschland von 1982 und 1995 verboten. So gab es kaum noch Strukturen, als der Anbau wieder erlaubt wurde.

Rottenkolber musste als Start-up ganz von vorne anfangen, sich Veredelungsbetriebe und Vertriebswege suchen. Doch das kommt dem 49-Jährigen, der oft vor Ideen sprudelt, auch entgegen. Er fand eine Ölmühle, die ihm Hanföl aus den Samen presst. Aus dem Rest wird eiweißreiches Hanfmehl, das man zum Backen oder für Nudeln verwenden kann. Die Hanfnüsse kann man angeröstet an den Salat geben, im ganzen oder gequetscht in Brotteig oder ins Müsli. Es gibt auch Käse mit Hanfnüssen und Hanfblättern. Den stellt ein Käser auf dem Robeller-Hof in Mammendorf her. An dem Käse tüfteln Rottenkolber und seine Frau Elisabeth, 51, noch herum, um die richtige Menge Blätter und Nüsse zu finden, die hineinkommen sollen. Eine Herausforderung ist es, die richtige Packungsgröße zu bestimmen. Die Landwirtskollegen vertreiben seine Produkte in ihren Hofläden und auf Märkten, außerdem kann man sie im Internet bestellen. Eine eigene Homepage allerdings "braucht noch ein bisschen", sagt Rottenkolber.

Sogar für das Hanfstroh fand sich eine Verwendung. Ein Gemüseanbauer, der in Permakultur arbeitet, sei davon ganz begeistert gewesen, sagt Rottenkolber. Er verwende es zum Mulchen. Von der Qualität seiner Hanfprodukte ist der Landwirt überzeugt, ebenso von ihrer Gesundheitswirkung. Auch im menschlichen Körper gibt es ein Cannabinoid-System. Cannabinoide lindern Schmerzen. Mit der Nahrung nähmen die meisten Menschen zu wenig davon auf, sagt Rottenkolber. In Hanfprodukten sind sie enthalten. Auch ohne THC gelte: "Hanf hebt immer die Stimmung."

Quelle:  https://www.sueddeutsche.de/muenchen/fuerstenfeldbruck/sz-serie-start-up-folge-8-die-pflanze-der-vielen-moeglichkeiten-1.4595450

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