Sonntag, 8. September 2019

Wie schützen wir unsere Kinder vor Drogen?


Der Drogenkonsum bei Kindern und Jugendlichen nimmt zu: Jeder zehnte Schüler in Deutschland hat Erfahrungen mit Cannabis. Auf manchen Schulhöfen wird die Partydroge Ecstasy zu Taschengeldpreisen gedealt. Was können wir tun? Diskutieren Sie mit.
„Es gibt keine Schule ohne Drogen in Berlin. Und das Schlimme ist, dass es schon in der Grundschule anfängt – bei den Elf- bis Zwölfjährigen“, sagt Sabine Hinze, Vorsitzende des Elternkreises Berlin-Brandenburg. Der Verein berät Eltern und Angehörige von drogenabhängigen Kindern und Jugendlichen. Sabine Hinze kennt die Höhen und Tiefen, die Familien durchmachen: Ihre Tochter begann mit zwölf Jahren zu kiffen und rutschte in eine heftige Sucht ab, inklusive Schulabstieg, Zwangseinweisung, mehrjährigem Klinikaufenthalt. Heute ist ihre Tochter erwachsen, hat selbst zwei kleine Kinder – und ist clean. 

„Je früher sie Maßnahmen ergreifen, umso besser“

Die erste Aufgabe bei ihrer Beratung: „Es kommen immer mehr Eltern, deren Kinder 14, 15, 16 Jahre alt sind. Und ihre Angst ist, dass ihr Kind drogenabhängig ist. Wir versuchen, ihnen die Angst zu nehmen. Solange die Eltern mit dem Kind reden können und in der Schule alles läuft, ist es noch entspannt.“ Sie entwickelt mit den Eltern Strategien: „Je früher sie Maßnahmen ergreifen, umso besser.“

Ihr Rat: „Das, was ihr sagt, muss konsequent sein. Ihr müsst ihnen das Leben so schwer wie möglich machen.“ Zum Beispiel: Die Tür nicht aufmachen, wenn sie davor stehen, sondern die Polizei rufen. Den Kindern keine Wäsche mehr waschen – für manche Mütter unvorstellbar. Letztlich seien es aber nur Ratschläge: „Den Weg, den die Eltern gehen, müssen sie für sich entscheiden.“

Am Anfang steht der Spaß

„Die meisten Jugendlichen beginnen Drogen zu nehmen, weil es Spaß macht. Sie haben überhaupt keine Motivation, das zu beenden“, sagt Dr. Ottmar Hummel, leitender Oberarzt der Kinder- und Jugendpsychiatrie in den DRK Kliniken Berlin Westend. Er behandelt Kinder und Jugendliche, die mit akuten Vergiftungserscheinungen eingeliefert werden oder dauerhaft drogenabhängig sind.
Seine Erfahrung: „Bei Drogen geht es nicht bloß um die Entgiftung, sondern danach ein Leben ohne Drogen zu führen. Entgiftung macht nur Sinn, wenn man langfristig daran arbeitet.“ Das klappe nur, wenn auch das Umfeld der Jugendlichen einbezogen wird.

Drogenkonsum als Gradmesser einer Gesellschaft

Seine Mahnung: Wer früh anfängt Drogen zu nehmen, riskiert, sein Leben nicht in den Griff zu bekommen. „Drogenkonsum und mangelnde Bildung sind perspektivisch eine Katastrophe. Und Drogen erhöhen deutlich die Häufigkeit von psychischen Erkrankungen: Die meisten Jugendlichen, die mit 13, 14 Jahren eine Schizophrenie haben, haben Cannabis genommen. Gerade die Partydrogen machen im Entzug Psychosen bis zur Suizidalität.“

Der Suchtexperte sieht aber auch die Gesellschaft in der Pflicht: „Drogenkonsum ist eine wichtige Erscheinung der Gesellschaft; und wir müssen uns fragen, was wir Kindern und Jugendlichen vermitteln wollen als Werte? Warum wir Suchtstoffe so toll finden als Gesellschaft.“

Quelle: https://www.deutschlandfunkkultur.de/cannabis-und-ecstasy-auf-dem-schulhof-wie-schuetzen-wir.970.de.html?dram:article_id=458120

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