Montag, 8. Januar 2018

Willkommen in der Church of Cannabis


Der Sitz einer Kiffer-Religion: In einer 113 Jahre alten Kirche in Colorado finden jeden Freitag Cannabis-Gottesdienste statt.

Alles begann, wie könnte es auch anders sein, mit einem Joint. Steve Berke, der gerade sein Studium an der renommierten Yale-Universität abgeschlossen hatte, lebte in einer alten Kirche in Denver, Colorado. Seine Eltern, Immobilienhändler, hatten sie gekauft, um Wohnungen daraus zu machen. Daraus sollte aber nichts werden.

Keine Schnaps-, sondern eine Joint-Idee




Steve, sein Kumpel Lee Molloy und einige weitere Freunde waren kürzlich nach Colorado gezogen, wo der Konsum von Marihuana seit 2012 legal ist. Steve sagt gegenüber Medien: «Wir hatten plötzlich diese fixe Idee. Was, wenn die Kirche eine Kirche bleiben würde? Eine Cannabis-Kirche?»
Steve überzeugte seine Eltern und so eröffnete neun Monate später, am 20. April 2016, die International Church of Cannabis. Komplett mit Kapelle, Glaubensgrundsätzen und ein paar Videospielautomaten im Keller. Übrigens: Dass die Eröffnung am 20. April (4/20 in der amerikanischen Datums-Schreibweise) erfolgte, war natürlich kein Zufall. Der 20. April ist so etwas wie ein inoffizieller Kiffer-Feiertag, die Phrase Four-Twenty, eine Art Code fürs Kiffen.

Für die Öffentlichkeit zugänglich


Von außen sieht die Kirche mit ihren roten Backsteinen nicht besonders speziell aus. Einzig die Kirchenfenster und die Türen verraten, dass es sich hier nicht um eine gewöhnliche Kirche handelt: Dort sind Galaxien und Planeten mit fröhlichen Gesichtern aufgemalt.
Der Plan war, täglich Cannabis-Messen für die Bevölkerung abzuhalten. Dabei gab es aber ein Problem: Colorado hatte zwar den Konsum von Marihuana erlaubt, nicht aber den Konsum in der Öffentlichkeit oder in öffentlichen Gebäuden. Lediglich Privatclubs dürfen ihre Mitglieder qualmen lassen.

Freitag ist Cannabis-Messe-Tag


Und so haben Steve Berke und Lee Molloy dafür eine Lösung gefunden: Wer Mitglied der International Church of Cannabis ist, wird jeweils freitags zur privaten Cannabis-Messe für die heute 1400 Mitglieder eingeladen. Donnerstag, Samstag und Sonntag können die Bewohner von Denver und Touristen die Kirche besuchen, gekifft wird dann aber nicht.
Natürlich haben sich Berke und Molloy mit der Cannabis Church nicht nur Freunde gemacht. Der Politiker Dan Pabon sagt dazu: «Die Cannabis Church ist beleidigend für jede Religion und für die Wähler, die Cannabis legalisiert haben.» Pabon versucht auch bis heute, ein Gesetz über das Verbot von Marihuana in Kirchen durchzusetzen – erfolglos.

Was sollen denn die Nachbarn denken?


Daniel Rowland, Sprecher der Stadt Denver, sagt: «Solange sich die Besitzer der Cannabis Church damit im legalen Rahmen bewegen und ihre Nachbarn nicht stören, können sie dort machen, was sie wollen.» Aber was denken denn die Nachbarn? In einem Lokalblatt macht ein Bewohner seiner Wut mit einem Leserbrief Luft: Er fühle sich hintergangen und sei wütend darüber, dass das Projekt ohne Diskussion mit den Nachbarn umgesetzt wurde.
Das Hauptproblem scheint für die meisten Nachbarn noch nicht einmal der Graskonsum zu sein. Die Parkplatzproblematik, lärmende Fahrzeuge und die Angst, dass Besucher der Freitagsmesse anschließend high nach Hause fahren, sind die größten Sorgen der Bewohner. Berke und Molloy wollen indes auf die Nachbarn zugehen: Sie organisieren Flohmärkte und Putztruppen.

Die Kirche als Kunstwerk


So oder so: Die Kirche ist ein außergewöhnliches Kunstwerk. Bemalt wurde sie von Oscar San Miguel alias Okuda, über dessen andere Werke 20 Minuten bereits berichtet hat. Sein Stil zeichnet sich durch extrem farbenfrohe und häufig geometrische Figuren aus. «Es fühlt sich an wie eine Halluzination», schrieb eine Besucherin auf Instagram.
Okuda hatte bei der Kirche Narrenfreiheit: Berke und Molloy bezahlten dem spanischen Künstler das Flugticket und ließen ihn dann mit einigen Eimern in der Kirche malen – was auch immer ihm einfiel. Nach sechs Tagen war Okuda fertig und die über hundertjährige Kirche ein buntes Kunstwerk.

http://www.lessentiel.lu/de/lifestyle/dossier/reisen/story/15031838

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