Sonntag, 26. November 2017

Seine Gerichte machen high: Chefkoch Sascha und sein Erfolgsrezept Marihuana


Mit seinem Kochbuch „Bong Appetit – Kochen mit Cannabis“ sorgt der Restaurantchef Sascha Basler für Aufsehen. Seine Rezepte sollen ein Statement für die Legalisierung der Droge sein. Sie sind aber vor allem: ein ziemlich cleveres Geschäft.
Der Einband sieht harmlos aus. Doch das Buch hat es in sich. Buchläden weigern sich, es anzubieten. Wer die neuen Rezepte von Sascha Basler nachkochen will, muss sie online bestellen. Der Grund ist die besondere Note der Gerichte: Der Chefkoch würzt mit Cannabis.

Eine Zeitung nennt Sascha Basler den „Drogenkoch“

Die Droge ist in Deutschland (außer für Patienten mit einem speziellen Rezept) verboten – und deshalb für viele noch immer ein Tabu-Thema. Sascha will das mit seinem Buch „Bong Appetit“ ändern – und spricht sich für die Legalisierung von Cannabis aus.
Das Buch ist aber nicht nur eine politische Botschaft, sondern auch eine ziemlich clevere Geschäftsidee. Wir haben den Mann, den eine Boulevard-Zeitung „Drogenkoch“ nennt, in seinem abgelegenen Haus in Schleswig-Holstein besucht. Dort wohnt er, mit Frau und Hund. „Nicht über das Chaos wundern“, warnte er zur Begrüßung. „Morgen gehe ich auf Tour!“
 
Sascha, wir würden gerne einen Lammrücken mit Cannabiskruste kochen. Wo bekommen wir bitte die Zutaten her?
Du kannst natürlich in die Stadt gehen und einen Dealer suchen. Das würde ich aber nicht empfehlen. Besser fragst du im Freundeskreis. Unter zehn Freunden ist bestimmt einer, der einen kennt, der einen kennt, der Cannabis züchtet. Das ist dann im besten Fall sogar Bio.
Das ist aber immer noch verboten.
Ja und das ist unsinnig. Wir schicken ein paar Millionen Menschen auf den Schwarzmarkt. Die gehen zu Leuten, die wahrscheinlich noch andere Sachen als nur Gras verkaufen. Sie geben ihr Geld an kriminelle Organisationen, die damit noch größer und gefährlicher werden. Stattdessen könnte der Staat Cannabis kontrolliert freigeben, Arbeitsplätze schaffen, Menschen aus der Scheinkriminalität holen und dabei viel Geld über Steuern einnehmen.
 
Die Droge ist nicht ohne Grund illegal. Der Staat sieht eine große Suchtgefahr.Eine Suchtgefahr ist bei Rauschmitteln immer gegeben, genau wie bei Alkohol und Zigaretten. Deshalb rate ich, verantwortungsvoll mit dem Kochbuch umzugehen.
An wen soll sich das Buch denn richten?Erstmal an Menschen, die Cannabis als Medizin verschrieben bekommen haben. Ich würde aber lügen, wenn ich nicht auch die 4,5 Millionen Leute erreichen wollte, die Cannabis aus Spaß zu sich nehmen.
 
Im Buch schreibst du, dass die Rezepte auch genauso gut ohne die Droge funktionieren. Kann es sein, dass du einfach nur ein Kochbuch auf den Markt bringen wolltest und nach einem Weg gesucht hast, um es perfekt zu vermarkten?Auf die Idee bin ich noch gar nicht gekommen. Aber das könnte man natürlich denken. Mir war nur wichtig, dass die Rezepte in sich funktionieren. Ich habe um die 200 Varianten ausprobiert und viele wieder aussortiert.
Das Interesse am Thema ist momentan so groß wie nie. Das wirkt wie ein perfektes Timing.Ich habe vor zwei Jahren angefangen. Da war das noch nicht so extrem. Ich bin selbst überrascht, dass ich mit dem Buch in einem Moment ankam, in dem sich mit den Grünen und der FDP zwei Parteien für die Legalisierung ausgesprochen haben. Das ist natürlich perfektes Timing. Aber da hätte ich ja Hellseher sein müssen.
 
Komm schon: Amazon listet in der Kategorie „Kochen“ 75 Seiten mit Treffern auf. Mit dem Stichwort „Cannabis“ gibt es nur 12 Ergebnisse. Würde der Verkauf ohne den Titel genauso gut laufen?Wahrscheinlich nicht. Aber ich habe das Buch nur wegen meines eigenen Interesses am Thema Cannabis geschrieben. Cannabis ist der Hauptdarsteller in diesem Buch. Wenn ich die Frage also unbedingt beantworten muss: Ohne Cannabis würde ich das Buch wohl nicht kaufen wollen, denn ich will ja ein Cannabis-Buch haben.
Also kauft man das Buch eher nicht, um die Rezepte ohne Cannabis zu kochen. Dann regst du die Menschen ja zum illegalen Kauf von Drogen an!Ich bin der Meinung, dass die Gesellschaft da eigentlich einen Fehler macht. Es ist richtig: Wir verstoßen damit gegen ein Gesetz. Ich rufe niemanden dazu auf dies zu tu. Das darf ich nicht und das werde ich nicht. Aber die Gesellschaft muss doch feststellen, dass diese Gesetzgebung definitiv nicht mehr der Realität entspricht.
 
Was, wenn sich jemand beim Kochen in der Dosierung vertut?Vor der Dosierung hatte ich unglaublichen Respekt bei dem Buch. Ich hatte panische Angst, dass ich irgendwo einen Fehler mache, ein Komma falsch setze und irgendeiner wegen mir ins Krankenhaus kommt. Es ist also ein relativ mildes Buch geworden.
Wie unterscheidet sich denn die Wirkung beim Kochen mit Cannabis von der Wirkung eines Joints?Wenn du kiffst, hast du einen kurz anhaltenden intensiven Rausch, der aber auch schnell wieder verfliegt. Der Vor- und letztendlich auch Nachteil beim Kochen ist, dass man bei der Aufnahme über den Mund ein wenig Geduld mitbringen muss. Die Wirkung kommt verzögert, hält aber länger an.
 
Und dann?Die potenzielle Lust auf den Nachtisch steigt. Da musst du aufpassen, dass du nicht auf die Idee kommst, einen Mars-Riegel zu nehmen, in Bierteig zu wälzen und auszufrittieren.
Wann hast du zum ersten Mal gekifft?Meinen ersten Joint habe ich so mit 17 oder 18 Jahren geraucht. Ich komme aus Münster. Mit dem Fahrrad war man in 35 Minuten in Holland, da war Gras für jeden erlaubt. Mit meinen Freunden bin ich dann häufiger mal rübergefahren. In derselben Zeit habe ich auch meinen ersten „Space-Keks“ gebacken. Über die Jahre hat sich das bei mir aber verloren.
 
Kochst du auch mal zu Hause für die Familie?Ich koche ja ständig….
Auch mit Cannabis?…eher selten mit Cannabis. Eins, zwei Mal im Jahr finde ich das ganz lustig. Aber ich habe die Rezepte im Buch ja alle ausprobiert. Mein Bedarf für die nächsten zwei Jahre ist da relativ gedeckt.
 
Hast du dich selbst als Versuchsobjekt gesehen?Auf jeden Fall nicht wie bei diesem schrecklichen Jenke-Experiment. Da habe ich echt fassungslos vor dem Fernseher gesessen und gedacht „Oh Gott. Wie bescheuert kann man denn sein?“ Aber klar: Wenn ich ein Buch schreibe und sehen will, ob die Rezepte schmecken, muss ich sie probieren. Mit allen Nebenwirkungen.
Rauchst du heute auch noch Cannabis?Ne, eigentlich gar nicht. Das wäre auf dem Land zwar überall verfügbar: Du gehst aufs Feld und fragst. In jedem zweiten Garten stehen vier bis fünf Kübel mit Hanf-Pflanzen. Die Realität ist mittlerweile so viel anders als viele Politiker denken. Gras ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen!
Welcher Politiker sollte dein Kochbuch denn dringend mal probieren?Ganz klar Cem Özdemir von den Grünen. Weil er gesellschaftlich wie politisch die gleiche Meinung vertritt wie ich. Wir brauchen eine regulierte Legalisierung. Und natürlich einen funktionierenden Jugendschutz. Mit 21 sollte jeder alt genug sein um selbst zu entscheiden, ob er sich einen Joint anzündet oder nicht.
Sascha, vielen Dank für das Interview.
 

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