Dienstag, 21. November 2017

Suchtmediziner über die Gefahren


Der Konsum von Cannabis (Haschisch und Marihuana) hat schon seit Jahrzehnten auch in Deutschland immer wieder zu erbitterten Debatten zwischen Gegnern und Befürwortern einer Liberalisierung geführt. Die einen sprechen von einer Genussdroge, die wie Alkohol zu behandeln sei. Andere warnen vor einer Verharmlosung. Thomas Geisen sprach mit dem Psychologen Kurosch Yazdi über seine Erfahrungen mit Patienten.

Herr Yazdi, Sie sind ein entschiedener Gegner einer Legalisierung von Cannabis. Warum?
Weil ich Suchtmediziner bin. Meine Aufgabe ist es, Menschen zu helfen, die Probleme mit Cannabis haben. Klar ist deshalb, dass ich ein sehr negatives Bild auf diese Vorgänge habe. Ich weiß auf der anderen Seite auch, dass es Leute gibt, die kiffen, ohne krank zu werden, für die Haschisch und Marihuana nicht das Teufelszeug sind. Das ist doch das Gleiche mit Alkohol wie mit illegalen Drogen. Aber: Es gibt momentan so viele Menschen, die Cannabis völlig verharmlosen, schönreden, aus welchem Grund auch immer. Ich sehe meine Rolle in der eines Warners. Und abgesehen von all dem: Es liegt ja überhaupt nicht in meiner Entscheidung, ob Cannabis nun legalisiert wird oder nicht.

Sie haben Ihrem Buch den Titel „Die Cannabis-Lüge“ gegeben. Warum sollte wer denn wen mit Blick auf diese Droge belügen?
Also, ich bin kein Verschwörungstheoretiker. Aber dass gelogen wird, liegt auf der Hand. Da braucht man sich nur die Reaktionen und vernichtenden Kritiken nach meinem Buch anschauen. Die Leute werfen mir Lüge vor, denn es sei doch erwiesen, dass Cannabis nicht abhängig mache. Ich musste hier im österreichischen Linz eine eigene Gruppe aufmachen, in der ausschließlich Cannabis-Süchtige behandelt werden. Meine Erkenntnis: Cannabis macht süchtig – aber nicht jeden. Ein anderer Vorwurf an meine Adresse: Es stimme nicht, dass Cannabis Psychosen auslösen könne. Wir haben so viele Patienten hier, die chronische Psychosen entwickeln auf Cannabis. Das nennt man dann Schizophrenie.

Aber ist Cannabis ursächlich für die Ausbildung dieser Krankheiten verantwortlich? Oder haben hier prädestinierte Patienten unvernünftigerweise auch noch Cannabis geraucht?
Nein, manche Menschen werden durch häufiges Kiffen chronisch psychotisch und manche nicht. Aber im voraus weiß man ja nicht, wer wie viel Risiko trägt. Aus der Forschung wissen wir, dass das Gehirn von Menschen, die in der Familie Fälle von Schizophrenie haben, stärker auf THC reagieren als die anderen. Aber ohne THC bleiben viele der genetisch Belasteten dennoch gesund. Also natürlich braucht es eine gewisse genetische Veranlagung, aber das ist auch bei jeder Krankheit so. Bei Brustkrebs, bei Darmkrebs. Dann dürften wir im Prinzip auch nicht sagen, dass radioaktive Strahlen krebsauslösend sind. Also kurz: Es stimmt nicht, dass es keinen kausalen Zusammenhang zwischen Kiffen und Schizophrenie gibt.

Sie sind noch die Antwort auf die Fragen nach den „Lügnern“ und ihren Motiven schuldig geblieben.
In den USA verdienen mittlerweile unglaublich viele Menschen Geld mit Marihuana. Und schauen Sie:In den USA der 1960er Jahre hat die Zigarettenindustrie jeden verklagt, der behauptete, Rauchen sei krebsauslösend. Sobald eine Industrie mit einem bestimmten Produkt Geld verdient, und mit Cannabis verdient man mittlerweile Milliarden und Aber-Milliarden, gibt es ein wirtschaftliches Interesse. Und in Deutschland und Österreich scharren schon viele Firmen mit den Hufen und warten auf eine Legalisierung oder Teillegalisierungen, um Geld verdienen zu können. Auf dieser Seite also wird aus wirtschaftlichem Interesse gelogen, auf der anderen Seite ist der Konsument, der sich gegen eine Kriminalisierung stemmt. Das verstehe ich ja sogar, ich selbst bin auch für die Entkriminalisierung …

Das überrascht mich jetzt aber.
Es ist völlig sinnlos, jemanden zu bestrafen, nur weil er kifft. Ganz im Gegenteil: Dem ruiniert man sein Leben, und dann kifft der nachher noch mehr. Der Mensch ist ja kein schlechter Mensch, nur, weil er Drogen nimmt. Das gilt übrigens auch für Heroinsüchtige. Aber mittlerweile sind viele Verbände, die sich für die Interessen der Cannabis-Konsumenten zusammengeschlossen haben, ausgesprochen radikal geworden. Es gibt Hanf-Interessengruppen, die im Grunde nur den Konsum legalisieren möchten. Aber viele werden sehr, sehr unsachlich. Die argumentieren, dass man erwiesenermaßen mit Cannabis Krebs heilen kann. Es gibt nicht eine Studie, die das nachgewiesen hat.

https://www.rundschau-online.de/magazin/suchtmediziner-ueber-die-gefahren--kiffen-ist-keine-frage-der-gerechtigkeit--28870672

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